MEESTAR

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MEESTAR (Modell zur ethischen Evaluation sozio-technischer Arrangements) wurde als Instrument der angewandten Ethik für konkrete Technikeinsätze in der Praxis entwickelt. Entstanden ist die Evaluations-Methode im Rahmen eines Technikprojektes in der Pflege.

MEESTAR kann angewandt werden um...

  • ... erste Kenntnisse über die ethische Thematik zu gewinnen,
  • ... Projektbeteiligte ethisch zu sensibilisieren,
  • ... mögliche relevante Aspekte/Probleme beim Einsatz jeweiliger technischer Lösungen zu identifizieren,
  • ... sich auf Begrifflichkeiten zu einigen,
  • ... ethisch relevante Zusammenhänge zu identifizieren und zu strukturieren,
  • ... Lösungsvorschläge für ethische Probleme gemeinsam zu erarbeiten.

Das Modell

Zur Bewertung des Technikeinsatzes braucht man zunächst moralische Dimensionen, anhand derer der Einsatz bewertet werden kann. MEESTAR gibt hier sieben moralische Dimensionen vor, die aber auch erweitert oder ersetzt werden können: Fürsorge, Selbstbestimmung, Sicherheit, Gerechtigkeit, Privatheit, Teilhabe, Selbstverständnis. (Siehe Abbildung 1)

In MEESTAR werden diese moralischen Dimensionen aus drei Perspektiven betrachtet: der individuellen, der organisationalen und der gesellschaftlichen. Je nach Perspektive werden manche moralische Dimensionen  ganz unterschiedlich bewertet. Zum Beispiel wertet eine einzelne Person Privatheit für sich sehr wichtig, während eine Versicherung gerne mehr Daten sammeln würde und daher Privatheit eher nachrangig einstuft.

Zur ethischen Risikoabschätzung dienen dann die folgenden vier Stufen:

  • Stufe 1: Anwendung ist aus ethischer Sicht völlig unbedenklich
  • Stufe 2: Anwendung weist ethische Sensibilität auf
  • Stufe 3: Anwendung ist ethisch äußerst sensibel
  • Stufe 4: Anwendung ist aus ethischer Sicht abzulehnen

Wobei es auch hier um Kompromissfindung geht, denn bei einer Anwendung können Werte wie Selbstbestimmung und Privatheit berücksichtigt, aber Gerechtigkeit und Teilhabe verletzt sein. Daher wird auch Stufe 1 wohl eher selten erreicht.

Workshops

Die MEESTAR Methode sollte im Idealfall in einem Workshop durchgeführt werden, indem alle betroffenen Gruppen repräsentiert sind.

Die Workshops laufen wie folgt ab:

  1. Der Workshop startet mit einer kurzen Einführung in die ethische Reflexion sozio-technischer Arrangements. Zudem wird das Modell und seine Dimensionen erklärt.
  2. Die Teilnehmenden werden in drei Gruppen eingeteilt, die sich jeweils in eine gedanklich Ebene hineinversetzen (individuell, organisatorisch, gesellschaftlich) und für die moralischen Dimension problematisch erscheinende Aspekte identifizieren.
  3. Die Gruppen ordnen die erkannten Aspekte pro Dimension jeweils den vier Stufen zu, um sichtbar zu machen wo Wechselwirkungen und Konflikte liegen. (Siehe dazu Abbildung 2)
  4. Die Ergebnisse der Gruppen werden über die Ebenen verdichtet um Problemschwerpunkte zu identifizieren.
  5. Im Weiteren wird geprüft, welche Problemschwerpunkte überhaupt in diesem Kreis addressiert werden können und welche auf anderer Ebene (zum Beispiel politisch, rechtlich,...) angegangen werden müssten.
  6. Zuletzt entwickeln alle Teilnehmehmenden gemeinsam Lösungen und Kompromisse für die addressierbaren Aspekte.

Ziel des Workshops ist es allen Teilnehmehmenden eine umfassende Sicht auf die Problematik zu ermöglichen, die alle Betroffenen einschließt. Der Workshop sollte von einem erfahrenen Ethiker oder einer erfahrenen Ethikerin modieriert werden, gerne extern, der oder die das notwendige Grundwissen vermitteln kann aber auch immer wieder auf Probleme hinweist, die von den Teilnehmenden gegebenenfalls übersehen werden.

Inhalte dieses Kapitels beziehen sich vorwiegend auf [2, 3, 5, 6]