Grundlagen: Ethik in der Sozialwirtschaft

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Was macht Ethik

Ethik versucht Antworten auf moralische Fragen zu geben, die durch die etablierten Moralvorstellungen nicht beantwortet werden. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn:

  • wir uns nicht alle auf eine gemeinsame moralische Instanz beziehen, die allgemeingültig Recht spricht (zum Beispiel wem etwas gehört und wem nicht.)
  • sich unser "für richtig halten" und "handeln" unterscheiden (zum Beispiel im Bezug auf eine ökologische oder sozial nachhaltige Lebensführung)
  • nicht klar ist, was richtig oder falsch ist (zum Beispiel inwiefern wir der nachfolgenden Generation verpflichtet sind)

Ethik versucht diese Zusammenhänge methodisch strukturiert und nachvollziehbar zu betrachten. Sie beantwortet im Grunde also die Frage wer und was wir als Menschen sind und wie wir zusammenleben wollen. [3]

Etisches Bewusstsein als wesentlicher Bestandteil des Arbeitsalltags

Ethisches Bewusstsein ist ein grundlegender Teil der beruflichen Praxis jeder Sozialarbeiterin und jedes Sozialarbeiters. Ihre Fähigkeit und Verpflichtung, ethisch zu handeln, ist ein wesentlicher Aspekt der Qualität der Dienstleistung, die jenen angeboten wird, die sozialarbeiterische Dienste in Anspruch nehmen. [1]

Mit diesem Satz beginnen die Prinzipien der "International Federation of Social Workers (IFSW)" und "International Association of Schools of Social Work (IASSW)" zur "Ethik in der Sozialen Arbeit". Er ist aber grundsätzlich für alle Beschäftigten in der Sozialwirtschaft so zutreffend.

Die Arbeit von Beschäftigten in der Sozialwirtschaft ist immer sehr nahe am Menschen. Oft berührt die Arbeit Bereiche, die auch die Würde und Rechte des Menschen betreffen. Dadurch ist die Fähigkeit ethisch zu handeln wesentlich und ein Qualitätsmerkmal dieser Arbeit.

Digitalisierung und ethische Reflexion sind nicht trennbar

Digitalisierung, moderne Technik, neue Technologien, Künstliche Intelligenz - unter welchem Namen auch immer sich Veränderungen der Arbeitsabläufe und des Arbeitsalltags verstecken: Veränderungen sind unausweichlich. Aufgaben werden immer mehr in einer Interaktion zwischen Mensch und Maschine stattfinden. Prozesse verändern sich. Und damit auch Interaktionen, Zuständigkeiten und vieles mehr. Trotzdem stehen wir in der Verantwortung, dass unsere Werte in diesen neuen Strukturen weiter gelebt werden.

Zwei Beispiele:

  • Wenn wir menschliche Interaktion als Wert betrachten, dann stehen wir auch in der Verantwortung dafür Sorge zu tragen, dass unsere Kunden und Schutzbefohlenen menschliche Interaktion erleben. Wenn die Tätigkeiten nun zwischen Mensch und Maschine aufgeteilt werden, zum Beispiel ein Roboter einen Teil der Besuche an einem Pflegebett übernimmt oder Kindern Geschichten vorliest, dann wird dieser Wert tangiert.
  • Wenn wir die Sicherheit von Schutzbefohlenen als Wert betrachten, stehen wir in der Verantwortung diese auch regelmäßig zu überprüfen, also "nachzusehen", ob alles in Ordnung ist. Wenn nun ein Teil dieser Aufgabe eine Kamera übernimmt, kann dieser Wert tangiert werden (neben weiteren Werten wie Privatsphäre etc.).

Digitalisierung gestaltet komplexe Verbunde von Maschinen, Prozessen und Akteuren. Die resultierenden "Verbundhandlungen" haben eine arbeitsteilige Grundlage, die zu einer Verantwortungsteilung führt. Das darf jedoch nicht zu "Verantwortungsverdünnung" oder gar zu "organisierter Unverantwortlichkeit" führen. Wir müssen unsere Werte kennen und jeder daraus folgenden Verantwortlichkeit gerecht werden, in der Gesamtverantwortung gegenüber dem Menschen, der Organisation und der Gesellschaft. [3]

Methoden zur ethischen Reflexion

Es ist daher wichtig, neue Technologien immer wieder auch ethisch zu reflektieren. Die Technologie wird dabei selten als solches betrachtet, sondern in der Regel in einen konkreten Kontext einer Situation oder eines Prozesses gesetzt. Betrachtet wird dann das gesamte Arrangement, denn die Bewertung der Technologie kann in verschiedenen Kontexten sehr unterschiedlich ausfallen.

Die Methoden (Instrumente) zur ethischen Reflexion versuchen durch eine strukturierte Vorgehensweise alle oder viele Stakeholdergruppen in einen Dialog zu bringen. Die Teilnehmenden sollen befähigt werden, die "moralischen Dimensionen" eines konkreten Anwendungsfalls sichtbar zu machen und dazu eine informierte Entscheidung zu treffen. Die ethische Reflexion soll auch ein wachsendes Verständnis für die einzelnen, unterschiedlichen Perspektiven erzeugen, wie auch die Technologie selbst. Die ethische Reflexion kann dabei Grundlage für eine konkrete Entscheidung sein, oder als grundsätzliche Sensibilisierung und Befähigung dienen.

In den folgenden Kapiteln werden zwei Instrumente näher vorgestellt: MEESTAR und Ethics Canvas.